Arbeits- und Gesundheitsschutz - nicht für LehrerInnen in Bayern?

Wie ist es um den Arbeits- und Gesundheitsschutz für Lehrerinnen und Lehrer in Bayern bestellt? Werden die gesetzlichen Grundlagen erfüllt? Gibt es Forschungsprojekte zur Lehrergesundheit? Zu diesen Fragen hatte der GEW-Kreisverband Weißenburg-Gunzenhausen den Vorsitzenden des Personalrats für die Förderschulen in Mittelfranken und Mitglied im Hauptpersonalrat, Johannes Schiller, sowie Frau Krystyna Nienaber von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt eingeladen.

Häufig werde die eigene Erwerbsarbeit genannt, die krank mache, stellte GEW-Kreisvorstandsmitglied Harald Dösel in seinen einleitenden Worten heraus. Deshalb kümmere sich die GEW um Themen wie Arbeits- und Gesundheitsschutz. Der Titel der Veranstaltung "Arbeits- und Gesundheitsschutz - nicht für Lehrerinnen und Lehrer in Bayern?" verweise schon darauf, dass hier an bayerischen Schulen vieles im Argen liegt. Der Beruf beinhalte eine Reihe von Belastungsfaktoren, wie den eklatanten Personalmangel und das Fehlen von notwendiger Schulsozialarbeit, die die Gesundheitsgefahr für Lehrkräfte verstärkten. „Untragbar ist es“, so Dösel, „dass die entsprechenden Arbeitsgesetze faktisch an bayerischen Schulen nicht gelten.“

Erst durch die Teilnahme an einem Fortbildungsseminar sei ihm bewusst geworden, betonte Johannes Schiller zu Beginn seines Referats, dass die Gesetzeslage auch für Lehrerinnen und Lehrer Betriebsärzte fordert. Die bayerischen Verhältnisse betrachtet er also als gesetzeswidrig. Personalräte würden häufig mit Fragen zu Wiedereingliederung, Rehamaßnahmen konfrontiert, insbesondere zum vorzeitigen Ruhestand. Würden Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsgesetz sowie eine Vorschrift der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung, gültig auch für den öffentlichen Bereich in der Bundesrepublik Deutschland, in Bayern konsequent angewendet, gäbe es an allen Schulen z. B. ein betriebliches Eingliederungsmanagement. „Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist die Schulleitung an sich verpflichtet, den Betroffenen Eingliederungsvorschläge anzubieten, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann“, klärte der Referent die Zuhörer auf. Ein Personalratsmitglied kann diesen Prozess miteinbezogen werden.

Das Arbeitsschutzgesetz schreibt eine Gefährdungsbeurteilung vor, wobei psychosoziale Faktoren ausdrücklich zu den möglichen Gefährdungen im Betrieb zählen. Für Schulen führte Schiller Stress, Schülerverhalten als auch das Verhalten von Vorgesetzen an. Eine solche Gefährdungsbeurteilung finde an bayerischen Schulen nicht statt. In den Richtlinien der Bayerischen Staatsregierung von 2011 über die Gewährleistung eines arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Arbeitsschutzes in der staatlichen Verwaltung werden Schulen den Bürobereichen zugeschlagen, der geringsten Gefährdungsstufe. Hier kann nach den Richtlinien von der Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit abgesehen werden. „Der Dienststellenleiter oder ein Beauftragter muss lediglich an ausreichenden Schulungsmaßnahmen teilgenommen haben“, informierte Schiller.

Laut Referent gibt es im Kultusministerium aber auch Personen, die die aufgezeigte Problematik durchaus sehen. Gegenwärtig wird ein mehrjähriges Forschungsprojekt ausgewertet, das sich mit der Entwicklung eines Modells für die arbeitsmedizinische Betreuung von Lehrkräften beschäftigt. Ziel ist es, ein dezentrales Betreuungskonzept mit Integration des Mutterschutzes zu entwickeln. Allerdings war das Projekt nur mit zwei Betriebsärztinnen und zwei halben Fachkräften für Arbeitssicherheit ausgestattet. Trotzdem bestehe ein kleiner Hoffnungsschimmer, meinte Schiller, dass sich im Arbeits- und Gesundheitsschutz an bayerischen Schulen etwas zum Positiven hin verändere.

Ungeachtet dessen müsse die Thematik „Lehrergesundheit“ in Personalräten, auch schulartübergreifend, sowie in der GEW und Lehrerverbänden verstärkt behandelt werden, waren sich die Anwesenden einig, ebenso darin, dass Lehrerinnen und Lehrer als Probanden an Studien zur Lehrergesundheit teilnehmen sollten. Ein solches Forschungsprojekt stellte Frau Nienaber vor, die ihre Masterarbeit an der Universität Eichstätt zur vom Kultusministerium genehmigten Studie „Subjektive und physiologische Determinanten des Wohlbefindens“ schreibt. Zugrunde liegt ihr die Frage: Welche Ressourcen wirken in verschiedenen Anforderungssituationen im Lehreralltag belastungspuffernd? Inwiefern und wie stark mindert z. B. Unterstützung den Zeitdruck? Neben einem Papierfragebogen dienen eine zweitägige Smartphone-Befragung und eine EKG-Brust-Gurt-Messung der Beantwortung der Grundfrage. Zielgruppe sind Lehrkräfte aus unterschiedlichen Schularten mit mindestens einer 50%-Stelle.

Bislang haben sich sechs Schulen im hiesigen Landkreis grundsätzlich für die Teilnahme an der Studie bereit erklärt, aus diesen Schulen ca. 15 Probanden. Erforderlich sind 80 bis 100 Personen. Das Staatliche Schulamt Weißenburg-Gunzenhausen z. B., so Frau Nienaber, begrüßt die Teilnahme. Fragen und Bereiterklärungen sind an Frau Regina Riepl (E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 08421-9321398) zu richten. GEW-Vorstandsmitglied Ekkehard Lindauer betonte im Schlusswort, die Ergebnisse der Studie könnten dem Hauptpersonalrat durchaus dienlich sein.