LehrerInnenmangel und Weißbuch

Mit dem regulären Pensionierungsdatum 17. Februar 2017 sind an bayerischen Grund- und Mittelschulen zirka 350 bis 400 Vollzeitlehrkräfte in den Ruhestand gegangen. Nach Aussage des Kultusministeriums „wurde der Großteil dieser Lehrkräfte bereits ersetzt.“ Das bezweifelt der Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in einem Pressebericht über die diesjährige Mitgliederversammlung. Auf ihr befasste sich die Kreis-GEW zudem mit dem „Weißbuch 2016“ zur Zukunft der Bundeswehr, ihrer Präsenz an Schulen und der Einführung von Zivilklauseln an Hochschulen.

Über etliche Jahre habe die Staatsregierung die Warnungen der GEW in den Wind geschlagen und Tausende ausgebildete junge Lehrerinnen und Lehrer abgewiesen. Nun versuche sie mit fragwürdigen Mitteln, die an Grund- und Mittelschulen fehlenden Unterrichtsstunden zu gewinnen. „Belegen lässt sich das anhand einiger kultusministerieller Schreiben“, erläuterte Vorstandsmitglied Harald Morawietz: „Staatsminister Spaenle und Gefolgschaft appellierten kürzlich an die vollbeschäftigten Lehrkräfte, im zweiten Schulhalbjahr bis zu drei Stunden mehr pro Woche zu unterrichten.“ Ob die Aussicht, diese Mehrarbeit im ersten Halbjahr des nächsten Schuljahres „abfeiern“ zu können, zum gewünschten Erfolg verhelfe, steht nach Meinung der Kreis-GEW mehr als in Frage.


„Ende des vergangenen Jahres teilte das Kultusministerium den Regierungen mit, dass die Möglichkeiten von Teilzeitbeschäftigung für Grund-, Mittel- und Förderschullehrkräfte mit kommendem Schuljahr eingeschränkt werden“, informierte Vorstandsmitglied Ekkehard Lindauer: „Sogenannte arbeitsmarktpolitische Beurlaubungen werden ganz abgeschafft. Die Antragsteilzeit wird im Allgemeinen auf ein Minimum von 21 bzw. 20 Unterrichtsstunden pro Woche begrenzt.“ Das reduziere die Attraktivität des Lehrerberufs auf alle Fälle und gleiche die fehlenden Unterrichtsstunden nur teilweise aus, prognostizieren die Gewerkschafter.

Wegen akuten Lehrermangels soll eine Grundschulklasse in Niederbayern aufgelöst und auf zwei andere Klassen verteilt werden, berichtete Heinz Maier. Gründe für die geplante Aufteilung seien Pensionierung, Krankheit und Mutterschutz. Die Behauptung des Kultusministeriums, das Gros der jüngst pensionierten Lehrkräfte bereits ersetzt zu haben, könne nur mit eindeutigen Zahlen untermauert werden. An denen fehle es aber bislang. „Der derzeitige Lehrermangel an Grund- und Mittelschulen wie auch die zahlreichen Engpässe in den unterschiedlichen Schularten in der Vergangenheit sind in erheblichem Maße Ausdruck einer verfehlten Lehrerbildungspolitik“, kritisierte die Mitgliederversammlung. Sie forderte erneut, in Bayern endlich die Stufenlehrerbildung anzugehen. Habe man Lehrkräfte mit einem gemeinsamen Grundstudium, ließen sich „Lehrermangel und scheinbarer Überschuss“ besser regeln.

Ausführlich setzte sich die Mitgliederversammlung mit dem neuen „Weißbuch 2016“ zur Zukunft der Bundeswehr auseinander. Dessen Inhalte sind auch Gegenstand bei Karriereberatungen und der Simulation „Politik und Internationale Sicherheit“ an Schulen, durchgeführt von Jugendoffizieren. Das Prinzip eines „atmenden Personalkörpers" ohne Personalobergrenzen, die bereits im Weißbuch angekündigten Erhöhungen des Wehretats und die Stärkung des europäischen Pfeilers der NATO sind nach Auffassung von Vorstandsmitglied Michael Bratenstein Schwerpunkte, die erkennen lassen, wie die an der Abfassung beteiligten politischen und wirtschaftlichen Eliten den gesellschaftlichen Konsens herzustellen gedenken.
 
Bundeswehr und Polizei würden miteinander verzahnt, was gemeinsame Übungen in Bayern und anderen Bundesländern zeigten. Inlandseinsätze und damit auch Eingriffs- und Zwangsbefugnisse sind gegenwärtig durch das Grundgesetz nur für Naturkatastrophen und Unglücke erlaubt, sollen aber bei „terroristischen Großlagen" in Betracht kommen, wobei diese Art von Notstand nicht weiter definiert ist. Eine einseitige, pro Bundeswehr ausgerichtete Werbung an Schulen lehnt die GEW strikt ab, sie stehe in klarem Widerspruch zur schulischen Friedenserziehung.
 
In diesen Zusammenhängen begrüßten die Gewerkschafter die Einführung von Zivilklauseln in die Grundlagentexte von etwa 30 Universitäten und Hochschulen im vergangenen Jahr. Damit dokumentieren Beschäftigte, dass ihre Arbeit und wissenschaftliche Forschung nicht für militärische Anwendungen zur Verfügung steht.