Ein Jahr Pandemie – und nichts dazugelernt!

Gesundheitsschutz an Schulen ist immer noch mangelhaft

Die bayerischen Schulen öffnen schrittweise wieder – doch noch immer fehlt es an wirksamen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes für Lehrkräfte und Schüler*innen. Beim hiesigen Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) herrscht großes Unverständnis, wie es nach einem Jahr Pandemie so weit kommen konnte.

Die Schulen im Freistaat haben sich in den letzten Wochen nach und nach wieder mit Schüler*innen gefüllt. Zunächst konnten die Abschlussklassen der Gymnasien und der beruflichen Schulen sowie nachfolgend auch der Real- und Mittelschulen wieder in den Präsenzunterricht einsteigen, ebenso wie die Grundschulen. An Letzteren soll ab Mitte März bei einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 50 im jeweiligen Landkreis wieder voller Präsenzunterricht stattfinden.

Darüber herrscht zunächst einmal verständlicherweise Freude bei allen Beteiligten, so die GEW in ihrer aktuellen Pressemitteilung. Die Lehrkräfte haben ihre Schüler*innen oft über Monate nur online gesehen und wissen, dass der persönliche Kontakt durch nichts zu ersetzen ist. Allerdings mischt sich in die Freude zunehmend das Gefühl der Beunruhigung. Denn seit den Schulschließungen im Dezember hat sich in Sachen Gesundheitsschutz an den bayerischen Schulen viel zu wenig getan, beanstanden die Gewerkschafter.

„Die staatlichen Lehrkräfte in Bayern haben nun seit Pandemiebeginn gerade mal vier FFP2-Masken erhalten", kritisiert GEW-Vorstandsmitglied Michael Bratenstein. Und Harald Morawietz ergänzt: „Ein Luftreinigungsgerät hat kaum eine Klasse bis jetzt aus der Nähe gesehen." Der Freistaat fördere diese zwar jetzt auch für Klassenzimmer mit Fenstern, die meisten Kommunen schafften diese aber vor allem auch deshalb nicht an, weil die Förderung des Freistaats mit 50 Prozent viel zu niedrig angesetzt ist, so Morawietz.

GEW-Vorstandsmitglied Harald Dösel bemängelt: „Auch an einem ausreichenden Testkonzept fehlt es in Bayern noch. Bis zuletzt hörten wir nur vage Verlautbarungen aus dem bayerischen Gesundheitsministerium. Und das, obwohl beispielsweise an Fach- und Berufsoberschulen schon seit Wochen bis zu zwei Drittel aller Schüler*innen in voller Klassenstärke am Präsenzunterricht teilnehmen.“ Nun lägen zwar endlich Richtlinien zu den Testungen von Lehrkräften und Schüler*innen vor, allerdings weist das Ministerium selbst darauf hin, dass die angekündigten Selbsttests an vielen Schulen erst nach und nach in den nächsten zwei Wochen ankommen würden.

Kritisch sieht Dösel auch, dass die Kapazitäten offenbar nur für einen Test pro Schüler und Woche ausreichen und zunächst einmal nur Schüler*innen ab 15 Jahren mit den Schnelltests versorgt werden sollen. „Damit können Grundschulen, die Unterstufe an weiterführenden Schulen sowie Teile der Mittelstufe überhaupt nicht auf die einfach zu handhabenden Selbsttests zurückgreifen, sondern sind auf die voraussichtlich recht komplizierte Organisation von Reihentests in den örtlichen Testzentren angewiesen.“ Die GEW vertritt die Auffassung, dass Schulöffnungen ohne ein unkompliziertes und engmaschiges Textkonzept nicht zu verantworten sind. „Es ist schon skandalös, zunächst die Schulen zu öffnen, und sich dann erst Schritt für Schritt an ein Testkonzept zu machen“, so Harald Dösel.

Im Hinblick auf die Impfungen stellt der GEW-Kreisverband fest: „Wir freuen uns sehr, dass die Kolleg*innen an den Grund- und Förderschulen nun in Gruppe zwei geimpft werden. Wegen der Gleichbehandlung sollte allerdings allen Lehrkräften, die im Präsenzunterricht eingesetzt werden, ein entsprechendes Impfangebot gemacht werden. Dann können auch alle Schulen wieder schrittweise öffnen. Und das sollte unser oberstes Ziel bleiben.“

Abschließend schreibt der Kreisverband der GEW in seiner Pressemitteilung: „Die Pandemie zeigt die eklatanten Mängel des bayerischen Schulsystems in aller Deutlichkeit. Die Lehrpläne müssen dringend ausgedünnt und die Zahl der Prüfungen erheblich reduziert werden. Die emotionale Begleitung und die Förderung der Schüler*innen haben im Vordergrund zu stehen und nicht die Verteilung von Noten. Die sozial stark benachteiligten Kinder, die schon vor Corona ausgelesen wurden, haben es jetzt noch schwerer, den schulischen Anschluss zu finden.“